Glanz & Elend in der Weimarer Republik Schirn Kunsthalle Frankfurt
27. Okt. 2017 - 25. Feb. 2018 >
Die Technik der Kaltnadel wurde von Hans Grundig nicht nur deswegen bevorzugt, weil er als Maler und Zeichner sofort den Stahlgriffel auf Kupfer wie einen Bleistift auf Papier zeichnend einsetzen konnte, sondern, weil Herstellung und Druck einfacher entstehen, als wenn man Becken mit Säure zum Einsatz bringen muss. Hans Grundig und Lea Grundig arbeiteten illegal, denn sie hatten Berufsverbot. Hausdurchsuchungen und Überwachungen konnten im Nachhinein nicht mehr gezählt werden.
Von
1933-1938 entstanden nach
Hans Grundig ca. 100 Kaltnadel-Blätter, nach dem Verzeichnis Bernhardt
61, und
Stephan Weber nennt ca. 80 Werke. Einige Arbeiten sind verschollen,
andere
Drucke tauchten nach dem Erstellen des Werkverzeichnisses auf. Bei den
Datierungen
konnten erst 2007 (Versteigerung der Sammlung Kurt Junghanns)
Korrekturen
vorgenommen werden.
Die
Kaltnadel-Drucke von Hans
Grundig auf der Internet-Seite der Ladengalerie sind nach 1945 und bis
1977
unter der Aufsicht von Lea Grundig gedruckt.
1901
in Dresden geboren
1920
Studium an der
Kunstgewerbe-Akademie, Dresden
1922
Akademie der Bildenden
Künste Dresden bei Hettner und Gussmann
1925
Ausstellung bei Hugo
Erfurth, Dresden
1926
Begegnung mit Lea Langer
(Lea Grundig)
1926 Eintritt in die KPD
Teilnahme an der Großen
Internationalen Kunstausstellung, Dresden
1928
Heirat mit Lea Langer
1929
Gründungsmitglied der
Dresdener Asso
Teilnahme an der Ausstellung
„Deutsche Neue Sachlichkeit“
1932
Ausstellung bei Josef
Sandel, Dresden
1933,
23.9. Ausstellung
„Spiegelbilder des Verfalls in der Bildenden Kunst“, Dresden
1933
Kauf einer
Kupferdruckpresse, Beginn der Kaltnadel-Folge „Tiere und Menschen“
1935-1938 „Das Tausendjährige Reich“ Triptychon mit Predella.
1936,
25.4. Ausschluss aus der
Reichskulturkammer, Berufsverbot
1. Verhaftung
1937,
19.6. „Entartete
Kunst“, München
1938
2. Verhaftung
1940 3. Verhaftung, Konzentrationslager Sachsenhausen
1940 erzwungene Scheidung von Lea Grundig vor dem Landgericht Dresden
„Im
hinteren Wagen, gequetscht: Klemperer, Grundig, Laux, Gr. als
Überzähliger in die Mitte gekeilt. Mein Schicksal bekannt. Grundig:
Maler, 45
Jahre, eisgrau. Alter KPDer, Gefängnis, KZ. Seine Frau, Lea
Langer-Grundig,
ebenfalls malend, Jüdin. Darf emigrieren, nachdem schon in Gefängnis,
wenn sie
sich scheiden lassen. Tun es, sie nach Tel-a-Vif. Er liest in einem
deutschen
Nachrichtenblatt, das im Juli in London erschienen, daß Lea Grundig mit
einer
Ausstellung Erfolg hatte. Er erwartet sie, u. die Ehe wird weiter
gültig sein -
Scheidung erpreßt! – aber noch kann sie nicht wissen, daß er lebt. Er
war im
KZ. Ende 44 macht man aus Kzlern ein Bataillon, das in wenigen Wochen
militärisch ausgebildet u. degradierten Wehrmachtsoffizieren
unterstellt wird.
Es soll gegen Partisanen eingesetzt werden, knüpft durch Vermittlung
der
Dorfbewohner - »sie spürten das sofort !« - mit den Banden an, wird
aber
plötzlich an die russische Front bei Budapest geworfen u. läuft sofort
mit
allen Waffen über. (»Ein paar Offiziere haben sich verdrückt) Grundig
kommt
nach Moskau, in ein Klubhaus - Freiheit, bestes Essen, beste Eindrücke,
darf
malen. Jetzt zum Rektor der Akademie bestimmt. (Rector der Hochschule
für
Werkkunst, zu der Winde gehört, ist Grohmann geworden, nach
ausgespielter
ministerieller Rolle.)“
Victor
Klemperer: „So sitze ich denn zwischen allen Stühlen“.
Tagebücher 1945-1959, Aufbau-Verlag, 1999, Seite 188, Februar 1946, Berlin-Fahrt
zur KPD-Tagung 4-6/II46
(notiert 7-10 II)
1944
Strafdivision Dirlewanger, Fronteinsatz und Übertritt
zur Roten Armee
1945
Antifa-Schule bei Moskau
1946
Rückkehr nach Dresden
Hans Grundig und Will
Grohmann initiieren die Allgemeine deutsche Kunstausstellung in Dresden
1947
Rektor und Malklasse an
der Dresdner Akademie der bildenden Künste
Ausbruch einer Tbc
1949
Rückkehr von Lea Grundig
aus Israel
1951 am 20.1. wurde ein Blatt
von Lea Grundig aus dem Zyklus Niemals wieder! in
der „Täglichen Rundschau“
unter dem folgenreichen Artikel „Wege und Irrwege
der modernen Kunst“ als Beispiel für das „Hässliche“ veröffentlicht,
(zitiert
nach Gerd Brüne, Lea Grundig, Jüdin, Kommunistin, Graphikerin,
Publikation der Ladengalerie 1996).
Während
dieser „Formalismus“- Auseinandersetzung wehrt sich Hans Grundig in der
gleichen Zeitung vom 21.2.1951 mit einem Brief über Schönheit
und Wahrheit.
1956
soll sein Bild Ächtet
die Atombombe nicht ausgestellt werden, er erzwingt es und
sagt: „Habe ich es
mir von den Faschisten nicht verbieten lassen meine Meinung
künstlerisch zu
äußern, werde ich es heute in unserem Staat der werktätigen Menschen
erst recht
nicht tun.“ Hans Grundig „hat zeit seines Lebens vergeblich auf einen,
besondere Anerkennung ausdrückenden Staatsauftrag gewartet“, Stephan
Weber
1957
Autobiographie Zwischen
Karneval und Aschermittwoch
1958 Tod in Dresden
Nachleben
1966
Hans Grundig, Ausstellung
Ladengalerie Berlin
Günter
Bernhardt, Verzeichnis der Gemälde, der
bemalten Möbel
und Geräte sowie der Druckgraphik,
(Stand 1966)
1971
Hans Grundig, Bilderbuch,
Faksimile-Ausgabe und
Ausstellung aus Anlass
seines
70. Geburtstag, Ladengalerie Berlin. Einige der abgebildeten
Zeichnungen sind
Skizzen zu der Kaltnadel-Folge Tiere und
Menschen
1976
In memoriam Hans Grundig, Film von
Donat Schober
1977 „Die Kunst den Massen“ mit bisher unbekannten Linolschnitten von Hans Grundig. Beitrag der Ladengalerie zur Europarats-Ausstellung, Westberlin
1979
Hans Grundig, Monographie von Günter
Feist, Verlag der Kunst
Dresden
1981
Memento mori/ Hans Grundig/ 1901-1958
Ausstellung zum 80.
Geburtstag Ladengalerie Berlin
1999
Hans Grundig (1901-1958) 15 Radierungen,
Ladengalerie Berlin
2001
Hans Grundig, Schaffen
im
Verborgenen, Stephan Weber und Erhard Frommhold, Dresden
2001.
Schriftenreihe für Kunst und Philosophie der Hochschule für Bildende
Künste
Dresden.
2015, 1.5.-30.8. Fondazione Musei Civici di Venezia, San Marco, 52, 30124
Venezia.